tierrechtsprozess
Stimmungsbilder aus dem laufenden Prozess gegen die Tierrechtsbewegung in Österreich
alle gleich vor dem gesetz?
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irgendwann muss einem ja der kragen platzen.

im folgenden eine exemplarische auflistung einiger mehr oder weniger prominenter personen, deren fallbeispiele eindrucksvoll die  zwetschkenrepublikität österreichs illustrieren:

Claudia

noch vor der urteilsverkündung im tierrechtsprozess musste die brillenliebhaberin Claudia Bandion-Ortner im april 2011 als justizministerin zurücktreten. eigentlich hätte sie ihren alten – zwischenzeitlich suspendierten – job als richterin wieder aufnehmen sollen. das schien ihr aber zu minder. wie durch einen zufall “erkrankte” sie zeitgleich mit dem tag ihres rücktritts  bis ein adequater nachfolgeposten frei wurde. Ob sie beim AMS wohl vermittelbar gewesen wäre? nach geschlagenen 4 monaten krankenstand wird sie nun ab august ausgerechnet in der Anti-Korruptionsakademie arbeiten. was die damen und herren dort genau tun ist unbekannt, diese institution ist ja bisher medial nicht gerade durch investigative aufdeckung von korruptionsskandalen aufgefallen. Auch die Art Bandion-Ortner’s Erkrankung ist nicht bekannt, vielleicht auch burn-out wie angeblich jedeR zehnte polizeibeamtIn?

however, mit dem abzug der frau Bandion-Ortner ist auch im tierrechtsprozess ein anderer wind eingekehrt: so schnell konnte man kaum schauen, war der freispruch da. plötzlich gab’s auch keine anwesenheitspflicht für die angeklagten mehr, etc.

10 der ehemaligen Angeklagten mussten knapp vier Monate in U-Haft verbringen, ehe sie durch eine außerordentliche Weisung des (damals noch roten) Justizministeriums frei kamen.

Merke: Tierrechtsaktivist sein: Knapp vier Monate U-Haft + ein Jahr Prozess.

Helmut

Im Februar 2007 wurde BAWAG Ex-Generaldirektor Helmut Elsner auserkoren, um an ihm ein Exempel zu statuieren. Obwohl er vermutlich nichts anderes gemacht hat als viele andere KapitalistInnen: Erst unter dem Vorwand “Verantwortung” viel Geld für wenig Arbeit bekommen (jedenfalls zuviel geld für zuwenig arbeit, was jedeR fabriksarbeiterIn bestätigen kann), und sich dann aus der Verantwortung stehlen. Einzig, Elsner ist das nicht gelungen: Der schwarze Innenminister lies ihn 2007 per EU-Haftbefehl in Frankreich festnehmen. Die folgenden 4 Jahre sollte Elsner den Knast in der Josefstadt kein einziges mal verlassen. nach seiner Verurteilung hätte er dort wohl auch seinen letzten Atemzug getätigt, aber ob seines augenscheinlichen gesundheitlich stark eingeschränkten Zustandes wurde er endlich aus der Haft entlassen. Allerdings erst, nachdem Bandion-Ortner – die gemeinsam mit dem Staatsanwalt Krakow nach Elsner’s Verurteilung “zufällig” ins BMJ befördert wurden – von einer neuen Justizministerin abgelöst wurde.

Merke: falsches Parteibuch: 42 Monate U-Haft + Verurteilung.

Alfons

Graf “Ali” Alfons Mensdorff-Pouilly und leider nie gehörter aber beantragter Zeuge im Tierrechtsprozess wurde in England inhaftiert, weil er in seiner Funktion als Waffenlobbyist Bestechungen für den britischen Rüstungskonzern BAE durchgeführt haben soll. Nachdem sich der Konzern BAE allerdings als schuldig bekannt hatte und 400 Millionen US-Dollar(!) an den britischen Staat als “Strafzahlung” gezahlt hatte, wurden als Gegenleistung die Strafverfahren nicht nur gegen BAE sondern – welch Zufall – auch gegen Alfons Mensdorff-Pouilly eingestellt. 2011 erhielt Mensdorff-Pouilly noch dazu vom britischen Staat EUR 430.000,–. Entschädigung, weil er dort eine Woche in U-Haft sitzen musste.

Merke: Graf sein: 1 Woche U-Haft und mehr verdienen als ohne 1 Woche arbeiten. Laufende Ermittlungen werden eingestellt.

Zwischenspiel: Otto

Zwischenzeitlich bekommt der Kaiserenkel und beinahe-Thronfolger Otto von Habsburg in einer angeblich demokratischen Republik (gemeint ist tatsächlich Österreich) ein Staatsbegräbnis. Bundesheer, Bundeskanzler und Promigrab in der Kapuzinergruft mit Eingeweidebestattung werden alle Stückerln gespielt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk überträgt (im Rahmen seines Bildungsauftrags?) die über sechsstündige Zeremonie live.

Nikola

Ende Juni 2011 entlassen Wiener Justizbeamte irrtümlich einen Häftling, der noch in U-Haft bleiben sollte. Sie verwechseln ihn mit seinem Zellengenossen, der eigentlich enthaftet hätte werden sollen. Der Serbe Nikola B. saß (ohne EU-Haftbefehl und ohne Prozess) schon seit sechs Monaten in U-Haft, weil er verdächtigt wurde einige Wohnungseinbrüche begangen zu haben. Der Witz – seine der Mittäterschaft verdächtige Frau wurde nach sechs Monaten U-Haft mittlerweile freigesprochen!

Merke: Sechs Monate U-Haft für Normalsterbliche ist ganz normal.

Michail

EU-Mitgliedsland Litauen erwirkt die Ausstellung eines europäischen Haftbefehls gegen den mutmaßlichen Verantwortlichen der “Blutnacht von Vilnius” am 13.01.1991 Ex-KGB-Mann Michail Golowatow. In jener “Blutnacht” erschossen russische Soldaten und Geheimagenten 14 DemonstrantInnen. Danach spaltete sich Litauen von der ehemaligen UdSSR ab. Gegen Golowatow lag also ein EU-Haftbefehl vor, er wurde erstmals in der EU in Österreich identifiziert und folgerichtig festgenommen. Vermutlich durch eine umgehende russische Intervention ist Golowatow wohl der erste und einzige EU-Häftling, der daraufhin nur 22 Stunden nach seiner Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt wurde – und sogar Österreich (Richtung Russland) verlassen durfte. Und all das an einem Wochenende, wo Österreichs Bürokratie für gewöhnlich schläft. Entgegen den Beteuerungen der ÖVP Außen- und Justizminister verwies die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die umgehende Enthaftung wiederholt auf eine Entscheidung “in höheren Ebenen“.

Merke: Großes Land = guter Freund: 22 Stunden U-Haft, Gratisflug nach hause.

Vertrauen in den Rechtsstaat Österreich?

Spätestens mit dem Tierrechtsprozess begann auch der letzte gutgläubige Bürger (Florian Klenk) an der Rechtsstaatlichkeit österreichischer Zustände zu zweifeln. Die “Fluchthilfe” die der österreichische Staat (unter ÖVP Justiz- und Innenministerium) einem mutmaßlichen Völkerrechtsverbrecher gewährt, schlägt jedoch dem Faß endgültig den Boden aus.

Offenbar gilt in Österreich auch im Jahre 2011 noch immer der Grundsatz: Macht = Geld = Recht.

Nach diesen Vorfällen wird vielleicht sogar so mancheR österreichischeR RichterIn an der Gerechtigkeit der österreichischen Justiz zweifeln.

Ich jedenfalls, habe diesen naiven Glauben schon lange vor dem Tierrechtsprozess (und auch nach unserem Freispruch) verloren: Vom Beginn der ersten spektakulären Schauprozesse bis zur modernen Disziplinargesellschaft, haben Gefängnisse noch nie zur reinen “Sicherheitsverwahrung” potenziell gefährlicher Personen gedient. Seit jeher dienen sämtliche Bestrafungsstrukturen einerseits einer Normierung der Bevölkerung als auch der Befriedigung niedrigster Rachegefühle. Bestraft wird die Abweichung von der Norm zum Zwecke der Aufrechterhaltung der alten Ordnung. Naturgemäß sind es die Unterdrückten die Repression erleiden müssen und niemals die Unterdrücker.

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