tierrechtsprozess
Stimmungsbilder aus dem laufenden Prozess gegen die Tierrechtsbewegung in Österreich
Tage 68 bis 78: Befangenheitsanträge; Verlesungen; Stellungnahmen & Anträge; sach(un)verständiger Linguist und Veterinär
Categories: der Prozess

 

Tag 68 – 04.02.2011:

Befangenheitsantrag gegen Richterin Mag. Sonja ARLETH

Der heutige 68. Verhandlungstag wurde von zwei Anträgen dominiert:

Zuerst beantragte ich in Anbetracht fehlender Beweise und insbesondere auch der umfassenden Entlastung durch die nunmehr abgeschlossene Einvernahme der vertuschten verdeckten Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ und der vorliegenden Berichte der Vertrauensperson VP481, ALLE ANGEKLAGTEN VOM VORWURF §278a StGB FREI ZU SPRECHEN.

Die Entscheidung über diesen Antrag wurde – wie die meisten Entscheidungen über Anträge der Verteidigung – vorbehalten.

Danach folgte mein zweiter Antrag für diesen Tag:

Ich beantragte den AUSSCHLUSS DER RICHTERIN MAG. SONJA ARLETH, da aus meiner Sicht mehr als nur geringe Zweifel an ihrer vollkommenen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit vorlägen.

In meinem Antrag machte ich dazu in verschiedenen Kapiteln insgesamt 100 Punkte geltend:

EV Befangenheitsantrag FINAL – blackened

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Tag 69 – 14.02.2011:
Anträge und Stellungnahmen

Eigentlich wollte die Richterin auch an diesem Tag endlich die von ihr gewünschte Verlesung der Abschlussberichte fortsetzen. Doch daraus wurde wieder nichts:

Zuerst trug der Dreizehntangeklagte Harald BALLUCH einen langen Antrag vor, in dem festgestellt wurde, dass die SOKO gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, Ergebnisse zu sogenannten geheimen Ermittlungen vollständig der Staatsanwaltschaft zu übermitteln und der Verteidigung zur Verfügung zu stellen. Die SOKO hätte sogar die Ergebnisse nach Übergabe vernichten sollen, sodass sie nur noch bei der Staatsanwaltschaft vorgelegen wären. Das sei aber nicht geschehen. Deshalb beantragte Harald BALLUCH, die Richterin möge den gesetzlichen Zustand wieder herstellen:

http://www.tierrechtsradios.at/files/20110215_Antrag_139.pdf

Stellungnahme Erstangeklager Martin BALLUCH:

In seiner sehr langen Stellungnahme erklärte DDr. Balluch, warum die Aussagen der verdeckten Ermittlerin für die Angeklagten entlastend seien und warum dadurch auch die Vorwürfe im Strafantrag entkräftet seien. Von 29 Anklagepunkten gegen ihn hätten die Aussagen der verdeckten Ermittlerin 17 betroffen und in diesen Fällen habe sich ergeben, dass kein Hinweis auf eine kriminelle Organisation vorliege. Auch seine besten VerteidigungszeugInnen, die er beantragt habe, würden nur die Aussagen der verdeckten Ermittlerin bestätigen können. Damit habe sich gezeigt, dass wir es mit einem „Indizienprozess ohne Indizien“ zu tun hätten.

Siehe: http://tierschutzprozess.at/tierschutzprozess-69-tag/

Die weiteren Stellungnahmen an diesem Tag fielen kurz aus. Als ich begann – bezugnehmend auf die Einvernahmen WAPPEL und DURAND – Verwechslungen der Richterin Sonja Arleth (z.B. ‘Animal Rights Gathering‘ mit ‘Animal Liberatin Workshop‘ und ‘Veganmania‘ mit ‘veganen Grillfeiern‘) richtigzustellen, beendete sie abrupt den heutigen Verhandlungstag.

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Tag 70 – 17.02.2011:
Stellungnahmen der Angeklagten

Stellungnahme Fünftangeklager Elmar VÖLKL

Nach der Stellungnahme meines Mitangeklagten Martin BALLUCHs am letzten Verhandlungstag konnte ich mein Kommentar zu den Beweisergebnissen der verdeckten Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ abgeben:

Ich verlas diese 42-seitige Ausarbeitung über die Bedeutung unserer ultimativen Entlastungszeugin ‘Danielle DURAND’ im Kontext der bisherigen Verfahrensergebnisse.

Hier sei nur eine kurze Zusammenfassung abgedruckt; Das Originaldokument ist trotzdem lesenwert, weil es zB auch die unwahren Aussagen der SOKO vor der Enttarnung der verdeckten Ermittlerin beleuchtet und beweist, dass insbesondere auch der Staatsanwalt vom Einsatz und den entlastenden Ergebnissen der verdeckten Ermittlerin wusste.

Entsprechende Anzeigen sind bereits in Vorbereitung.

Die vertuschte verdeckte Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ ist ein Entlastungsbeweis

 

Unter der falschen Identität ‘Danielle DURAND’ war eine von der SOKO Bekleidung beauftragte verdeckte Ermittlerin für 17 Monate inmitten der nunmehr angeklagten Tierrechtsaktivistinnen dienstlich tätig. Sie beteiligte sich selbst an etlichen im Strafantrag inkriminierten Aktivitäten der angeblich kriminellen Organisation. Aufgrund des einzigen Hinweises im Akt (ON97 pdfS 2 AS 3) wurde mehrmals von der Verteidigung die Ladung der verdeckten Beamten und ihre Berichte aus dem dort angeführten „VE- und VP-Einsatz“ in der Hauptverhandlung 41HV68/09d beantragt. Diese Anträge wurden wiederholt zurückgewiesen, der Staatsanwalt gab sogar an, dass „ab dem 01.01.2008 keine verdeckten ErmittlerInnen aktiv gewesen seien“, obwohl ihm und der SOKO das Gegenteil nachweislich bekannt war.

 

Tatsächlich genoss die verdeckte Ermittlerin von Seiten der Angeklagten „ein gewisses Maß an Vertrauen“. Nicht zuletzt wurde sie auf viele der inkriminierten Veranstaltungen und Aktionen eingeladen und bekam Vollzugriff auf das „geheime“ Fadinger-Forum.

 

Die Berichte und bisherigen Aussagen der verdeckten Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ bzw. ihres „Führers“ CI Stefan WAPPEL widerlegen etliche der Anklagepunkte des bezughabenden Strafantrags (ON1483) bzw. Nachtragsstrafantrag (ON1639):

 

Entgegen den Behauptungen des Strafantrags stellte die VE tiefe Feindschaft und Distanzierung zwischen den Gruppen BAT und VGT fest, die angeblich eine gemeinsame kriminelle Organsiation gebildet haben sollen.

 

Die VE führte mehrere Gespräche mit Keith MANN und war mit ihm und etlichen Angeklagten auf den inkriminierten Veranstaltungen ‘International Animal Rights Gathering 2007 in Appelscha/NL‘ und mehreren ‘Animal Liberation Workshop‘s des VGT: Bei allen Veranstaltungen beobachtete sie keinerlei „strafrechtlich relevante“ Ereignisse.

 

Aufgrund ihrer überzeugenden Legendierung nahm die VE mit dem falschen Namen ‘Danielle DURAND’ an etlichen Aktionen wie Jagdsabotagen und Tiertransportblockaden teil. Daher wusste sie, dass die im Strafantrag inkriminierten Wertkartenhandys, Funkgeräte, PKWs und EDV-Equipment nicht für Straftaten, sondern ausschließlich für die Durchführung von Demonstrationen, Recherchen und Aktionen zivilen Ungehorsams benutzt wurden.

 

Die VE ‘Danielle DURAND’ nahm auch am inkriminierten ‘PC-Security-Workshop’ im VGT-Büro teil, bei dem AktivistInnen Computerprogramme, wie Backups, aber auch Maßnahmen zur Datenverschlüsselung vorgestellt wurden. Sie konnte dort keinerlei strafrechtlich relevante Hinweise feststellen.

 

Etlichen Angeklagten werden auch „Recherchen“ in verschiedensten Ausformungen vorgeworfen. Die VE ‘Danielle DURAND’ beteiligte sich selbst an derartigen Recherchen, z.B. dem Abfotografieren von (Fiaker-)Kennzeichen, Recherchen über pelzverkaufenden Unternehmen Tiertransport- und jagdliche Recherchen. Dabei war es ausgerechnet die Polizistin ‘Danielle DURAND’ die damit begann, Codewörter am Telefon zu benutzen um die eigentlichen Tätigkeiten zu verschleiern.

 

Die VE nahm auch an „veganen Grillparties“ teil, die lt. Strafantrag „zum Zwecke des Erfahrungsaustausches“ der Mitglieder der inkriminierten Organisation dienen. Es gab keinerlei strafrechtsrelevante Hinweise, die von der VE protokolliert wurden.

 

Im Strafantrag werden Büro und Lager des Vereins gegen Tierfabriken explizit als „Kommandozentralen der kriminellen Organisation“ identifiziert. Die VE war nicht nur oft und regelmäßig in diesen Räumlichkeiten, sie betrat das VGT-Lager auch alleine und hatte die Möglichkeit im VGT-Büro Computer zu benutzen. Es gab keine strafrechtlich relevanten Aktivitäten die zu protokollieren gewesen wären, sondern „Einladungen falten, Etiketten aufkleben, Einkuvertieren; retournierte Kuverts öffnen; Buttons, Schilder, Infoblätter, Käfige und Demomaterialen herstellen“.

 

Die VE nahm an Aktionen zivilen Ungehorsams, wie zB. Jagdsabotagen und Tiertransportblockaden teil, wodurch sie die Gründe für das den Angeklagten vorgeworfene „konspirative Verhalten“ und ihre „Instruktionen über das Verhalten gegenüber den Behörden“ ermitteln konnte: Jagdsabotagen wurden sogar von der VE selbst unter Verwendung von Codewörtern geplant; Bei „Instruktionen über das Verhalten gegenüber den Behörden“ handelte es sich schlicht um einfach um rechtlich Unterweisungen und die Aufforderung keine (Straf-)Gesetze zu übertreten. Da sie über die Bedeutung derartiger Codewörter Bescheid wusste, war der VE auch bekannt, dass unter Jagdsabotagen nicht die Sachbeschädigung jagdlicher Einrichtungen zu verstehen war, wie es im Strafantrag aber unterstellt wird.

 

Die verdeckte Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ konnte den Tatbestandsvorwurf §278a StGB dezidiert ausräumen:

Die verdeckte Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ sowie die ‘Vertrauensperson #481’ konnten keine auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich einer seit zumindest den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts aus mehr als zehn Mitgliedern bestehenden, international operierenden, dem militanten Tierrechtsspektrum zuzuordnenden und unter den Pseudonymen wie „ALF Animal Liberation Front“, „TBF Tierbefreiungsfront“ oder „ARM Animal Rights Militia“ auftretenden Gruppe, die – wenn auch nicht ausschließlich – auf die wiederkehrende und geplante Begehung von schweren Nötigungen und schweren Sachbeschädigungen sowie schadensqualifizierenden dauernden Sachentziehungen, sohin schwerwiegender strafbarer Handlungen, die die Freiheit und das Vermögen bedrohen, ausgerichtet ist, die dadurch erheblichen Einfluss auf Wirtschaft, insbesondere mit dem Ziel der Beendigung der Tiernutzung in sämtlichen Erscheinungsformen, anstrebt und die andere einzuschüchtern und sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht, feststellen.

Im Gegenteil: Sämtliche den verdeckt ermittelnden Personen zugänglichen Tatbestandsmerkmale wurden sogar widerlegt!

 

Eine detaillierte Ausführung ist in der Beilage „Die verdeckte Ermittlerin mit der Legende Danielle DURAND“ enthalten: Gegendarstellung BMJ – DURAND – anonymized

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Stellungnahme Dreizehntangeklagter Harald BALLUCH

Zu Beginn seiner Stellungnahme zur verdeckten Ermittlerin mit der Legende „Danielle DURAND“ führte Harald BALLUCH aus, dass zwar gesagt worden sei, dass er nicht so viel persönlich mit der Zeugin zu tun gehabt habe, dass das aber nur bedingt stimme. Die Ermittlerin sei ja gerade in den VGT eingeschleust worden und da er Geschäftsführer dieses Vereins sei, haben sich dadurch automatisch eine Reihe von gemeinsamen Aktivitäten der verdeckt ermittelnden Beamtin und ihm ergeben. Beispielhaft führte Harald BALLUCH an, dass er gemeinsam mit ihr das Tierrechtstreffen in Appelscha/Holland besucht habe, dass sie gemeinsam auf dem Animal Liberation Workshop in Wien gewesen seien, sowie bei etlichen Vorbesprechungen zu Jagdstörungen, bei den Plenarsitzungen des VGT und der VGÖ, beim Veganen Sommerfest in Wien, bei den Generalversammlungen des VGT und der VGÖ und bei mehreren Tiertransport-Blockaden.

Den Beweiswert der Zeugenaussage der verdeckten Ermittlerin sehe Balluch vor allem in zwei Aspekten: Zum einen hätten ihre Ermittlungen eine faktische Entlastung hervor gebracht. Das deshalb, weil es ihr tatsächlich gelungen sei, in den Kern der behaupteten kriminellen Organisation vorzudringen. Dabei habe sich aber herausgestellt, dass das Zusammenwirken der hier angeklagten Personen keinen kriminellen Inhalt aufweise, dass es sich also um gar keine kriminelle Organisation handle.

An mehreren Aspekten könne man das erfolgreiche Eindringen in den Kern jener Strukturen, die im Strafantrag als kriminelle Organisation beschrieben seien, erkennen: Da sei einmal die Teilnahme am Email-Forum „Fadinger“: Im Strafantrag werde diese Liste als interne Kommunikationsplattform der kriminellen Organisation beschrieben und es werde behauptet, dass es sehr verdächtig sei, dass es sich um eine geschlossene Liste handle, dass man also nur auf Einladung an dieser teilnehmen könne. Die verdeckte Ermittlerin sei aber nach kürzester Zeit als Aktivistin begeistert und erfreut auf diese Liste eingeladen worden. Es habe sich also gezeigt, dass es äußerst einfach sei, Mitglied in diesem Email-Forum zu werden. Die Ermittlerin selbst habe sehr gut nachvollziehen können, warum nur Bekannte und nicht Fremde auf diese Liste eingeladen würden und habe das sogar selbst in Emails, die sie an diese Liste geschrieben hatte, bekräftigt. Für die Beamtin seien die in diesem Forum ausgetauschten Inhalte derartig unverdächtig und bedeutungslos für ihre Ermittlungen erschienen, dass sie in ihren polizeilichen Berichten kein Wort darüber verloren habe. In ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme habe sie erklärt, dass sie alle Emails gelesen habe und dass man sich dort eben über dieses und jenes ausgetauscht habe, von Informationen über Einkaufsmöglichkeiten für Biogemüse bis zu mehr oder weniger hitzigen Diskussionen zu sozialen und politischen Themen.

Ein weiterer Beweis, dass die Beamtin zum Kern des Zusammenwirkens, das im Strafantrag als kriminelle Organisation beschrieben werde, vorgedrungen sei, sei der Umstand, dass die Ermittlerin an allen Aktivitäten im Zeitraum ihrer Ermittlungen teilgenommen habe, die laut Strafantrag der kriminellen Organisation zugerechnet werden. Dazu gehören das Tierrechtsgathering in Appelscha/NL, der Computer Security Workshop, in dem erklärt worden sei, wie man Backups anlegt und wie man Daten verschlüsselt, die Animal Liberation Workshops, darunter auch einer im Ausland, die Jagdstörungen, die Kundgebungen, vor allem auch jene vor der Kleider Bauer Filiale in der Wiener Mariahilferstraße, Tiertransport-Blockaden und auch Recherchen, z.B. über die Jagd.

Bemerkenswert sei auch, dass die verdeckte Ermittlerin „Danielle DURAND“ sogar unmittelbar Einfluss auf die Infrastruktur bzw. die Struktur der behaupteten kriminellen Organisation habe nehmen können. So habe sie an Plenarsitzungen teilgenommen, in denen z.B. über die Anschaffung von Autos, Funkgeräten und Mobiltelefonen, dem sogenannten „Handy-Pool“, abgestimmt worden sei. Das seien allesamt Vermögenswerte, die im Strafantrag der kriminellen Organisation zugerechnet würden. Sie habe über dieselben Plenarsitzungen auch einen Einfluss darauf gehabt, wer im Verein Gegen Tierfabriken angestellt werde. Im Strafantrag werde mit den Anstellungen im VGT aber eine Struktur der kriminellen Organisation herbei argumentiert. Z.B. werde dort gesagt, dass aus dem Umstand, dass der Viertangeklagte Chris MOSER vom VGT zur Koordination der Kleiderbauer Kampagne in Tirol angestellt gewesen sei, sich ergebe, dass die kriminelle Organisation über eine hierarchische und arbeitsteilige Struktur verfüge.

Ein weiterer Beweis für das Vordringen der Ermittlerin in den Kern dessen, von dem die Staatsanwaltschaft behaupte, dass es eine kriminelle Organisation wäre, sei die Tatsache, dass die Beamtin auch Einfluss auf die Gestaltung der Demonstrationen vor Kleider Bauer gehabt habe, an denen sie als eine der fleißigsten AktivistInnen mit größter Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit organisierend teilgenommen habe und dass sie auch bei der Gestaltung der Flugblätter zur Kleider Bauer Kampagne habe mitreden können. Gerade die Kleider Bauer Kampagne, die die Beamtin auf diese Weise mitgestaltet habe, werde vom Staatsanwalt aber als die wichtigste Kampagne der kriminellen Organisation überhaupt beschrieben.

Ganz wesentlich sei, dass die verdeckte Ermittlerin keinen Hinweis und kein Indiz dafür gefunden habe, dass es irgendwelche geheimen Plattformen oder Treffen gegeben hätte, zu denen sie keinen Zugang hatte. Rein auf der Phantasie des Staatsanwalts, dass es etwas gegeben haben soll, für das es aber keinen Hinweis gebe, könne man aber keine Verurteilung gründen. Ein derartiges Vorgehen wäre gegen jede Überprüfung immun, weil es aus logischen Gründen unmöglich sei, zu beweisen, dass etwas nicht existiere.

Der zweite wesentliche Beweiswert der Zeugenaussage der verdeckten Ermittlerin liege darin, dass sie verdächtig erscheinende Handlungsweisen als nachvollziehbar und unverdächtig entlarve. Der Strafantrag und das gesamte Verfahren sei laut Balluch darin begründet, dass hier Handlungsweisen vorgefunden worden seien, die StaatsanwältInnen und RichterInnen höchst verdächtig erschienen seien. Das komme daher, dass offenbar in der Erfahrungswelt der StaatsanwältInnen und RichterInnen derartige Handlungsweisen nicht vorkommen, die Motivation für diese daher anhand ihrer jeweiligen individuellen Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar gewesen sei. Zur rechtlichen Bewertung von Handlungen müsse aber die allgemeine Lebenserfahrung herangezogen werden und da niemand über eine solche verfüge, sei es besonders wichtig, ZeugInnen dazu heranzuziehen, um durch deren Erklärungen sich das Spektrum an Lebenserfahrungen anderer Personen vergrößern zu lassen.

Hier liege nun der besondere Wert der Polizeibeamtin mit der Legende „Danielle DURAND“: Da diese als Beamtin mit den Angeklagten mitgelebt und mit diesen Erfahrungen als engagierte Aktivistin geteilt habe, könne sie auch darüber Auskunft geben, welche Motivationen hinter gewissen Handlungsweisen stehen – ob also diese Handlungen tatsächlich mit kriminellen Motiven zu tun haben müssen oder ob sie vielleicht doch auch einfach durch legitime Motivationen erklärbar seien.

Aus dieser Perspektive sei auch das in der Verhandlung vorgespielte Radiointerview der verdeckten Ermittlerin äußerst aufschlussreich. So habe diese erklärt, sich in dem Interview szeneadäquat verhalten zu haben. Das heiße aber nichts anderes, dass sie das widergegeben habe, was sie von anderen AktivistInnen übernommen und auch selbst erfahren hatte. In diesem Interview habe die Beamtin sehr eindrucksvoll von dem Gefühl, ständig als friedliche Aktivistin vollkommen ungerechtfertigt von der Polizei verfolgt und belästigt zu werden, gesprochen. So habe sie sich sogar veranlasst gesehen, der Polizeikontrolle zu entgehen, indem sie einen Schleichweg durch den Wald genommen habe. Diese Passage gebe laut Balluch tatsächlich sehr authentisch das Gefühl der AktivistInnen wieder, die aufgrund dieser und ähnlicher Erfahrungen eben dazu übergegangen seien, der Polizei kritisch gegenüber zu stehen und Maßnahmen zu ergreifen, um den als ungerechtfertigt erlebten Schikanen zu entgehen. Dieses Verhalten habe aber nichts mit kriminellem Verhalten zu tun. Wenn durch die AktivistInnen etwa erlebt werde, dass Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie im Ermittlungszeitraum der verdeckten Ermittlerin z.B. Jagdstörungen, offensichtlich an die Polizei verraten und damit verhindert worden seien, beginne man eben konspirativer und vorsichtiger mit Informationen umzugehen. Die Ermittlerin selbst habe ja in diesem Zusammenhang szeneintern konspirativeres Verhalten eingemahnt und damit gefördert.

Es gebe nun eine ganze Reihe derartiger Umstände, die Menschen mit anderen Lebenserfahrungen offensichtlich verdächtig erscheinen, obwohl diese nichts mit kriminellen Machenschaften zu tun haben. Da sei z.B. das schon angeführte Email-Forum „Fadinger“: Für die verdeckte Ermittlerin seien die Inhalte und Begleitumstände dieses Forums vollkommen nachvollziehbar und unverdächtig gewesen. Dazu gehören laut Balluch vor allem auch die Inhalte der Emails dieses Forums, die ja den zentralen Vorwurf der Anklage bilden würden. Die Anschaffung der sogenannten „Handy-Pool“ Mobiltelefone sei laut Ermittlerin für Recherchen und Jagdstörungen erfolgt, jene der Funkgeräte ebenso. Im Strafantrag seien eben jene Geräte als kriminelle Abschirmungsmaßnahme beschrieben. Auch das bei der Hausdurchsuchung vorgefundene Einbruchswerkzeug sei den StaatsanwältInnen und RichterInnen äußerst verdächtig erschienen und das obwohl es für die Durchführung keiner der inkriminierten Sachbeschädigungen verwendet worden oder auch nur verwendbar gewesen wäre. Die verdeckte Ermittlerin habe nun in ihrem Bericht aufgeklärt, dass selbiges dazu gedient habe, Sachbeschädigungen im Rahmen von Recherchen in Tierhaltungsbetrieben zu vermeiden. In diesem Zusammenhang sei dessen Verwendung auch in einem öffentlich zugänglichen Workshop, an dem unter anderem eine Nonne teilgenommen habe, erklärt worden. Zur Verschlüsselung von Daten und ganz allgemein konspirativem Verhalten habe die Ermittlerin, wie bereits vorher von Balluch dargelegt worden sei, klare Ermittlungsergebnisse dafür hervorgebracht, dass diese Verhaltensweisen durch Motive abseits von kriminellem Verhalten bedingt seien.

Die Animal Liberation Workshops seien von der Beamtin vollkommen richtig als Veranstaltungen zur Information von tierschutzinteressierten Personen beschrieben worden und zwar ohne jeglichen kriminellen Hintergrund. Das internationale Tierrechtstreffen in Holland sei von der Ermittlerin selbst besucht und als einfacher Erfahrungsaustausch von AktivistInnen aus verschiedenen Ländern erlebt worden. Auch hier habe sie keinen Austausch mit kriminellen Inhalten feststellen können. Sie habe Kontakt mit Keith MANN gehabt, private Grillpartys besucht, die im Strafantrag als kriminell motivierte Treffen beschrieben werden und nicht zuletzt auch Erfahrungen mit der sogenannten Kommandozentrale der kriminellen Organisation, nämlich dem VGT-Büro, gemacht. Alle diese offenbar vordergründig verdächtig erscheinenden Ereignisse seien von der Ermittlerin als nachvollziehbar, normal und unverdächtig erlebt worden.

Aus Sicht von Balluch sei damit der Verdacht, dass hier eine kriminelle Organisation vorliegen könnte, vollkommen zerstreut.

Selbstverständlich könne man mit einem Küchenmesser auch einen Mord begehen. Nur, aus dem Umstand, dass jemand ein Küchenmesser besitze, könne man aber nicht schließen, dass diese Person in böser Absicht einen Mord begehen wolle. Das wäre absurd und genauso verhalte es sich im gegenständlichen Fall.

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Stellungnahme des Neuntbeschuldigten Leo H. im Namen der Angeklagten der Basisgruppe Tierrechte:

Eine Stellungnahme zur Aussage und zu den Berichten der verdeckten Ermittlerin (VE) mit der Legende „Danielle DURAND“. Eine Stellungnahme zu einer Zeugin, deren Existenz geheim gehalten wurde, zu verdeckten Ermittlungen, deren Dauer falsch angegeben wurde, zu Berichten, deren Existenz geleugnet, zu Ermittlungsergebnissen, deren Relevanz bestritten wurde – geheim gehalten, falsch angegeben, geleugnet, bestritten von der inzwischen berüchtigten Sonderkommission, von deren Leiter_innen und Mitgliedern Zwettler, Böck, Bogner, Landauf und wie sie alle heißen.

 

Nicht nur der Ermittlungsakt wurde bereinigt, Hinweise auf die Existenz der verdeckten Ermittlung daraus beinahe vollständig entfernt, auch vor Gericht wurden die Ermittlungen heruntergespielt und wahrheitswidrig ein frühes Ende der verdeckten Ermittlungen behauptet.

 

Auch der Staatsanwalt hat – wie z.B. im HV-Protokoll der Verhandlung am 22. Juli 2010 (Nachmittag) nachzulesen – seinen Anteil an dieser Affäre gehabt. Mit dem Vorwurf der Lüge soll sparsam umgegangen werden, in Bezug zum Staatsanwalt soll daher schlicht festgehalten werden: entweder war er von seiner eigenen Sonderkommission schlecht informiert, ist vollkommen inkompetent und kommt seinem Geschäft nur sehr schlecht nach – oder er hat bewusst an dieser Scharade teilgenommen.

 

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Die Verteidigung hatte schon vor Monaten diese Zeugin und deren Berichte, sowie die Offenlegung aller anderen VEs (Verdeckten Ermittler_innen) und VPs (Vertrauenspersonen) beantragt – sämtliche Anträge waren damals aber an der Richterin und ihrer üblichen Vorgehensweise des Blockierens und Abstreitens jeder Relevanz – und sei diese noch so offensichtlich – abgeprallt.

 

Es ist bezeichnend für dieses Verfahren – wahrscheinlich für die Arbeitsweise der Justiz an sich -, dass im Fall dieser VE anscheinend ein absolut mieser Artikel eines Boulevardmagazins mit reißerisch-sexistischer Story notwendig war, um die Öffentlichkeit auf den Exzess der Repression und die ambivalente Haltung der Sonderkommission zu ihren eigenen Ermittlungsergebnisse hinzuweisen. Das mag schlussendlich sogar die verantwortlichen Behörden dazu bewegt haben, zumindest in dieser Sache, zumindest ein kleines Stück weit, Einblick in ihre zweifelhaften Methoden zu gewähren – im Sinne einer Schadensbegrenzung wie angenommen werden darf.

 

Dass das Gericht hier selbst seiner vielgepriesenen Verantwortung, dem bis zur Lächerlichkeit überstrapazierten Fetisch der Wahrheitserforschung ohne dem äußeren Einfluss der medialen Berichterstattung nachgekommen wäre, darf bezweifelt werden.

 

Die Sonderkommission verschweigt diese VE natürlich nicht ohne Grund, nicht ohne dahinterstehendes Interesse. Widerlegen doch die nun endlich vorliegenden Berichte der VE – bzw. derjenige Teil dieser Berichte, der nun offengelegt wurde -, widerlegen doch alle Ermittlungsergebnisse der von der Sonderkommission selbst veranlassten verdeckten Ermittlung den wesentlichen Großteil der von Sonderkommission und Strafantrag als angebliche Belege für das Vorhandensein der ominösen „Kriminellen Organisation“ angeführten Behauptungen. Es fällt schwer zu glauben, mit welcher Chuzpe eine Sonderkommission Behauptungen über Strukturen und Veranstaltungen aufstellt – Behauptungen, die das Vorhandensein und die Gefährlichkeit und Konspirativität einer angeblichen „Kriminellen Organisation“ belegen sollen – und dabei stillschweigend unter den Tisch fallen lässt, dass sie als Sonderkommission selber genau weiß, dass diese Behauptungen unwahr sind – weil ihre eigene Beamtin genau diese Veranstaltungen besucht hat, weil ihre eigene Beamtin selbst Teil dieser Strukturen war, und die Berichte dieser Beamtin all diese Behauptungen samt und sonders in das Reich der Lügen verbannt.

 

Wäre dieser Bericht von Anfang an vorgelegen, und zwar im offiziellen, der Verteidigung zugänglichen Akt, dann wäre die Behauptungen von Sonderkommission und Staatsanwalt, mit denen die Repression in diesem Fall immer weiter getrieben worden waren, nicht zu halten gewesen – nicht als Begründung für Haftbefehle, für die Verhängung und mehrmalige Verlängerung von Untersuchungshaft, nicht als Begründung eines ohnehin mehr als schwindligen Strafantrags argumentierbar gewesen.

 

Dass sich beispielsweise Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft getraut hätten, das internationales Gathering in Appelscha/Niederlande als Veranstaltung für die Zwecke einer „Kriminellen Organisation“ zu bezeichnen, wenn damals bereits der Bericht der verdeckten Beamtin vorgelegen wäre, die dieses selbe Treffen besucht und dort zwar Polizeiübegriffe, jedoch nichts, absolut gar nichts Kriminelles von Seiten der Aktivist_innen hat festellen können, darf bezweifelt werden. Zumindest wäre der offensichtlich unwahre Charakter ihrer Behauptungen für alle sichtbar und nicht mehr zu leugnen gewesen.

 

Was tut nun eine Sonderkommission, wenn sich ihre ursprünglichen und ständig wiederholten angeblichen Verdachtsmomente durch ihre eigenen Ermittlungsergebnisse in Luft aufzulösen drohen? Kommt sie ihrer festgeschriebenen und angeblich so korrekt befolgten Pflicht zur Berücksichtigung entlastender Momente nach? Gibt sie die ursprünglich behauptete Verdachtslage im Licht der dieser widersprechenden Faktenlage auf? Die Antwort ist bekannt, wenn nicht wider besseren Wissens weiter an dem gewünschten Konstrukt der „Kriminellen Organisation“ festgehalten worden wäre, säßen wir nicht hier.

 

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Die VE hat ja auch an einem BAT-Plenum teilgenommen – auch da war von der behaupteten Konspirativität nichts zu bemerken. Hier sei auch noch einmal daran erinnert, dass im Zuge des Repressionsexzesses vom 21. Mai 2008 eine vollständige Sammlung aller Protokolle aller BAT-Plena bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden. Auch hier ist – ebenso wie im Bericht der VE – von Hinweisen auf strafrechtliche Relevanz weit und breit nichts zu sehen. Trotzdem wird der absurde Vorwurf der „Kriminellen Organisation“ weiter aufrecht erhalten, wird weiter an der Zerschlagung der Bewegung für die Befreiung der Tiere gearbeitet. Entlastendes wird ignoriert und wider besseren Wissens absurde Behauptungen aufrecht erhalten – im gewohnten Vertrauen auf den gerichtlichen Verurteilungswillen.

 

Juristisch wäre einiges zu sagen zu diesem Einsatz einer verdeckten Ermittlerin im Auftrag der Soko. Dass von Beamt_innen der Soko vor Gericht den Einsatz ihrer Beamtin nach dem 01.01.2008 leugnen, hat ja seinen Grund auch in den Bestimmungen der ab diesem Tag geltenden neuen Strafprozessordnung (StPO).

 

Ob eine VE zur „Gefahrenabwehr“ nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) – wie von der Soko angegeben – legal im Rahmen der Ermittlungen in einem Strafverfahrens nach § 278a hätte ablaufen können, hat ironischerweise just der Jurist und Leiter der Sonderkommission, Erich Zwettler, vor Gericht selbst beantwortet – es wäre jedenfalls eine staatsanwaltschaftliche Genehmigung notwendig gewesen. Womit er das Vorgehen seiner eigenen Sonderkommission für illegal erklärt hat. Aber selbst von der Tatsache der mangelnden Gesetzeskonformität abgesehen, ist das Argument der Abwehr „gefährlicher Angriffe“ von sich aus schon mehr als unglaubwürdig. Eineinhalb Jahre lang verdeckte Ermittlungen und kein einziger strafrechtlich relevanter Tatbestand von Seiten der bespitzelten Aktivist_innen – das ist nicht nur ein bemerkenswertes Ergebnis dafür, dass sich die VE die ganze Zeit inmitten einer angeblichen „Kriminellen Organisation“ bewegt hat. Es stellt sich auch die Frage, wie lange denn erfolglos nach Hinweisen auf gefährliche Angriffe gesucht werden kann, ohne zuzugeben, dass der Ursprungsverdacht einfach nicht zu halten ist?

 

Eine VE besucht eine Demonstration nach der anderen, nimmt an Aktionen teil, besucht Veranstaltungen noch und nöcher – von abwehrbaren „Gefahren“ nichts zu sehen und doch wird der Ursprungsauftrag der Gefahrenabwehr nie in Frage gestellt?

 

Die plausibelste Antwort auf diesen Widerspruch ist ganz einfach, dass dieser angebliche Auftrag der „Abwehr gefährlicher Angriffe“ von Anfang an nichts anders als ein Vorwand war, um die nichts ergebenden Ermittlungen weiter zu treiben – im Bewusstsein, diesen VE-Einsatz nötigenfalls verschweigen zu können, da bewusst entschieden wurde, hier nicht nach den – jedenfalls einzuhaltenden! – Bestimmungen der StPO vorzugehen.

 

Dass sich die Ermittlungen der VE auch keinesfalls auf „Gefahrenabwehr“ beschränkten, sondern sie offensiv gegen einzelne Personen ermittelnd vorging, Unmengen an persönlichen Daten sammelte – auch unter Missachtung der Immunität anwältlicher Korrespondenz – und sogar mehrere DNA-Proben beschaffte, passt da nur ins unappetitliche Bild. Ja noch mehr, das einzige Mal, wo die VE tatsächliche gefährliche Angriffe wahrzunehmen im Stande war, als Jäger_innen auf Aktivist_innen schießen und deren Schirme zerstören, unternimmt sie weder etwas, um die Aktivist_innen zu schützen, noch in Sachen rechtlicher Konsequenzen gegen die Angreifer-Innen.

 

Klarer als hier kann wohl kaum demonstriert werden, wie sehr es der Polizei um Repression gegen Aktivist_innen ging, und wie wenig um die tatsächliche „Abwehr von Gefahren“.

 

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Die Richterin befragt zwei Tage lang eine laut Sonderkommission irrelevante Zeugin, verliest annähernd hundert Seiten VE-Bericht voller laut Sonderkommission irrelevanter Ergebnisse, Thema ist sogar internationale Zusammenarbeit, zwei Ermittlungen der VE im Ausland – alles laut Beurteilung der Sonderkommission irrelevant und überflüssig irgendwo im Akt zu erwähnen. Und das Resultat der Einvernahme? Alle Aussagen und Berichte der VE entsprechen vollständig den Verantwortungen der Angeklagten, bestätigen deren Angaben – auf der anderen Seite werden Behauptungen von Soko bzw. des Strafantrags als unwahre Angaben, als bewusst unwahre Angaben entlarvt.

 

Wie sieht es nun mit dem überstrapazierten Schlagwort der „Wahrheitserforschung“ aus? Was ist zu halten von einer Verhandlungsführung, die bewusste falsche Angaben einfach hinnimmt, mit einem Kopfnicken quittiert? Sollte sich eine vorgeblich an der Wahrheitserforschung interessierte Instanz nicht daran stoßen, wenn die ihr zuarbeiteten Behörden sich nicht scheuen, in einer öffentlichen Verhandlung gegen über dem Gericht Angaben zu machen, die sich wenig später als eindeutig unwahr herausstellen? Wenn z.B. der bereits erwähnte juristische Leiter der Sonderkommission sich keine Hemmungen hat, seine eigenen Ermittlungen zu leugnen, um das Konstrukt der „Kriminellen Organisation“ nicht ins Wanken zu bringen – wenn die eigenen Ermittlungsergebnisse wieder mal die eigenen Behauptungen lügen straft?

 

Ermittlungsergebnisse, die dem anbefohlenen Repressionsauftrag widersprechen werden einfach aus dem Akt entfernt.

 

Welche Auswirkungen hat es auf das Vertrauen dieses Gerichts in die Beurteilung der Relevanz von Ermittlungsergebnissen durch die Sonderkommision, wenn das selbe Gericht sich mehrere Tage Zeit nimmt, VE und ihren Führer (ein abscheuliches Wort, dass Bände spricht über die Ideologie und das Selbstverständnis der Polizei) zu befragen? Allen Behauptungen der Sonderkommission über deren Irrelevanz zum Trotz? Müsste das nicht ganz grundsätzlich die diesbezüglichen Behauptungen der Sonderkommission in einem anderen Licht erscheinen lassen?

 

Und müsste es für ein angeblich an der Wahrheit interessiertes Gericht nicht ein Problem sein, mit derart vielen Widersprüchen, sogar offensichtlich unwahren Angaben durch Soko-Beamt_innen konfrontiert zu sein?

 

Wie ist es im Umkehrschluss zu verstehen, wenn für das Gericht nicht die falschen Aussagen der BeamtInnen zum Problem werden, nicht die Verheimlichung der Existenz wesentlicher Ermittlungsergebnisse, das Verschweigen einer zentral eingesetzten VE, also eine offensichtliche Behinderung der Wahrheitserforschung, sondern wenn im Gegenteil dieses Gericht in der kritischen Berichterstattung einer medialen Öffentlichkeit, in der tatsächlich stattfindenden Aufklärung eine Bedrohung sieht und glaubt, als Konsequenz aus einer Polizistin, für die die Missachtung der Privatsphäre ihrer Bespitzelungsopfer nie ein Problem war, in einer bühnenreifen Inszenierung ein durch eine kritische Öffentlichkeit bedrohtes, schützenswertes Opfer machen zu müssen – auf Anraten der selben Beamt_innen wohlgemerkt, die dem Gericht diese Zeugin über Monate und Jahre verheimlich hat?

 

Was mag es bedeuten, wenn mit einer Anzeige gegen die Aussagen einer kritischen Stimme vorgegangen wird, während die Soko-Beamt_innen trotz nachweislich falscher Aussagen vor Gericht anscheinend nicht nur nichts von ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt sondern für ihr Verhalten auch keinerlei rechtliche Konsequenzen whatsoever zu erwarten haben?

 

Gerne würde ich an die Objektivität des Gerichtes glauben, gerne an eine im Interesse der Allgemeinheit neutral ermittelnde, sich selbst in ihrer Gewalt beschränkende Polizei.

 

Nur leider spricht die Realität eine andere Sprache und es lässt sich der Eindruck nicht mehr verleugnen, dass hier nicht der vielzitierte Skandal der extraordinären Repression, sondern vielmehr das übliche miese Handwerk der Verfolgungsbehörden abläuft. Die schmutzige Arbeit von Polizei und Justiz, wo die so genannte Wahrheit, nach der hier geforscht wird, eine sehr einseitige Geschichte des Kontrollierens und Disziplinierens von politisch unbequemen Menschen mit dem Mittel der Bestrafung ist, eine Wahrheit, deren einziges Argument die gesellschaftlichen Machtverhältnisse und deren einziger Inhalt die staatliche Gewalt ist.

 

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Ich fordere wiederholt und nachdrücklich die Offenlegung sämtlicher weiterer Verdeckten Ermittler_innen und Vertrauenspersonen, die in der Tierschutz/Tierrechtsszene tätig waren, sowie aller diesbezüglicher Unterlagen. Den diesbezüglichen Angaben von Geissler, Bogner und dem Rest der Soko, es hätte keine weiteren VEs oder VPs unter der Führung des Bundeskriminalamts (BKA) gegeben, ist genauso viel Vertrauen zu schenken, wie ihren früheren Angaben, es hätte nach dem 01.01.2008 überhaupt keine verdeckten Ermittlungen gegeben – gar keines.

 

Selbstverständlich fordere ich auch, sämtliche diesbezüglichen VEs und VPs aller anderen Stellen, sei es Landes- oder Bundesamt „für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ (LVT, BVT) oder irgendeine andere Stelle, mitsamt aller Unterlagen offen zu legen – sämtliche Personen, die im Repressionsauftrag vor Ort waren, die ermittelt haben, die in irgendeiner Art und Weise bespitzelt haben. Wir wissen alle, dass es diese Personen gibt, ich fordere ein Ende der Vertuschung.

 

Weiters fordere ich die Einstellung des Verfahrens.

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Tag 71 – Fr., 18.02.2011:
Wortwörtliche Verlesung der Abschlussberichte (inkl. Beilagen)

Wir haben in in Form von Anträgen mehrmals wirklich deutlich dargelegt, dass eine Verlesung polizeilicher Abschlussberichte rechtlich nicht zwingend erforderlich sei, ja möglicherweise sogar unzulässig sein könnte. Die Abschlussberichte verletzen ja das Prinzip der Unmittelbarkeit und bestehen aus polizeilichen Schlussfolgerungen und Beweiswerterwägungen, und sie überschreiten somit also jene faktischen Sachverhalte deren Beweiswürdigung ausschließlich der Richterin obliegen.

Trotzdem besteht die Richterin Mag. Sonja Arleth von Anfang an auf die Einbringung dieser polizeilichen Abschlussberichte in das Verfahren. Als „für die Sache bedeutsame Amtsvermerke“ müssten Abschlussberichte gem §252 (2) StPO verlesen werden.
Freilich müsste diese Logik für sämtliche Polizeiberichte gelten, zumal Abschlussberichte keine Zusammenfassung, sondern nur den letzten Polizeibericht vor Beginn der Anklageerhebung darstellen. Alle anderen – weniger spekulativen – Polizeiberichte werden aber nicht verlesen.

Sämtliche Angeklagte und alle VerteidigerInnen haben sich geschlossen gegen eine Verlesung der polizeilichen Abschlussberichte ausgesprochen. Sollte die Richterin trotzdem auf einer Verlesung bestehen, würden wir einer „zusammenfassenden“ Verlesung nicht zustimmen, weil dann der Beliebigkeit ja Tür und Tor geöffnet wären und erst recht eine noch selektivere Auswahl vorgetragen werden würde. Sollte die Richterin auf einer Verlesung bestehen, würden wir daher zur Aufrechterhaltung der Objektivität nur einer vollständigen, wortwörtlichen Verlesung zustimmen, da ansonsten ohnehin über jede zu verlesende Zeile im Einzelnen gestritten werden müsste.

Bisher wurden zwei Abschlussberichte verlesen: Jener der Achtangeklagten Sabine K. und jener des Zehntangeklagten Leonardo H.. Am heutigen 71. Verhandlungstag wurde die Verlesung des dritten Abschlussberichts – jenem des Neuntangeklagten Jan K. – abgeschlossen und die Verlesung des Abschlussberichts der Zwölftangeklagten Monika SPRINGER begonnen.

Insgesamt wird die Verlesung sämtlicher Abschlussberichte mindestens ein Dutzend Verhandlungstage in Anspruch nehmen. Manche Abschlussberichte sind inkl. Beilagen über 900 Seiten stark.

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Tag 72 – Mo., 21.02.2011:
Fortgesetzte Verlesung der Abschlussberichte (inkl. Beilagen)

An diesem 72. Verhandlungstag war die Zwölftangeklagte Monika SPRINGER wegen Krankheit abwesend, sodass die Verlesung ihres Abschlussberichts nicht fortgesetzt werden konnte. Stattdessen wurde der Abschlussbericht des Viertangeklagten, Chris MOSER, seines Zeichens VGT-Kampagnenleiter für Tirol, verlesen. Die Verlesung nahm den ganzen Tag in Anspruch und konnte exakt fünf Minuten vor Verhandlungsende abgeschlossen werden.

In der Früh wurden einige Beweisanträge gestellt:

Nach wie vor finden sich die Ergebnisse der durchgeführten technischen Überwachungen der „Kommandozentralen der kriminellen Organisation“ – dem VGT-Büro und dem VGT-Lager – NICHT im Akt. Die Beischaffung wurde beantragt.

Im Internet hatte sich der user „orakel86“ im LeserInnenforum der „Kleinen Zeitung“ am 10.01.2011 um 23:54 als Opfer und Tatzeuge der inkriminierten Organisation ausgewiesen. Diese Person schrieb: „Die derzeit in der Verhandlung stehenden Tierschützer sind aber Kriminelle und Verbrecher. […] Als direkt Betroffener weiß ich wovon ich rede.
Sachbeschädigungen, Verleumdungen und Diebstahl sind für einige an der Tagesordnung

Die Ausforschung und Ladung dieser Person wurde beantragt, zum Beweis, dass die Angeklagten nicht die von ihr angeführten Straftaten durchgeführt haben.

Weiters wurde die Ladung des (damaligen) Herrn Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Dr. Erik BUXBAUM, beantragt. Laut Aktendokumenten war er – über dem SOKO-Leiter Erich ZWETTLER – der oberste (aktenkundige) Polizeibeamte an den berichtet wurde. In Berichten an ihn war die Sprache von mehreren „Verdeckten Ermittlungen“. Er solle beweisen, dass es neben der verdeckten Ermittlerin ‘Danielle DURAND’ und der polizeilichen Vertrauensperson Esther H., noch weitere verdeckte ErmittlerInnen – beauftragt durch BVT und LVT – in die Tierrechtsszene eingeschlichen haben.

Schließlich wurde Graf Alfons MENSDORFF-POUILLY in seiner Funktion als Opfer (im streng juristischen Sinn) als Zeuge geladen. MENSDORFF-POUILLY wird im Akt auch explizit als Opfer eines Organisationsdelikts genannt, nämlich der Befreiung tausender Zuchtfasane aus und anschließende Zerstörung seiner Voliere.
Erstaunlicherweise wird dieser Sachverhalt zwar im Strafantrag angeklagt, es findet sich dazu aber keine Anzeige im Akt. Von der Staatsanwaltschaft wurde auch keinE ZeugIn nahmhaft gemacht. Der Staatsanwalt Wolfgang HANDLER scheint diese Straftat regelrecht „erfunden“ zu haben. Nachgewiesen ist sie bis heute nicht.
Zu diesem Zweck wurde die Ladung des mutmaßlichen Opfers dieser angeblichen Straftat – Alfons MENSDORFF-POULLY – als Zeuge beantragt.
Er wird beweisen, dass die angeklagte Straftat nicht stattgefunden hat, somit auch nicht von einer kriminellen Organisation durchgeführt worden war.

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Tag 73 – Mi., 23.02.2011:
Linguistischer Sach(un)verständiger Dr. Wolfgang SCHWEIGER;
Drei ZeugInnen zur wirklichen Urheberschaft von zugeordneten Texten

Am 22.03.2011 hatte der Erstangeklagte in einer Pressekonferenz bereits angekündigt drei ZeugInnen namhaft zu machen, die Texte oder Textbausteine geschrieben hatten, die der Linguist Wolfgang SCHWEIGER allerdings Martin BALLUCH „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zugeordnet hatte.

Am ersten Tag seiner Gutachtenserstattung – dem 14.04.2010 – wurde der Sachverständige Wolfgang SCHWEIGER bereits aufgrund schwerer Mängel in seinem Gutachten beauftragt den Befund des Privatgutachtens des Innsbrucker Linguisten Manfred KIENPOINTNER in Form eines „Ergänzungsgutachtens“ zu berücksichtigen.

57 Verhandlungstage später – und EUR 40.000,– reicher – sollte SCHWEIGER nun sein erweitertes Gutachten vorstellen.

Tatsächlich gaben die drei von Martin BALLUCH beantragten und von Sonja ARLETH geladenen Zeugen an, dass zwei Texte – die SCHWEIGER’s linguistischer Analyse zu Grunde lagen – nicht von Martin BALLUCH verfasst wurden. SCHWEIGER hatte diese Texte aber BALLUCH „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zugeordnet.

Einerseits ging es um einen von 16 Leserbriefen:
Der angebliche linguistische Sachverständige Wolfgang SCHWEIGER hatte angegeben, dass „ein Großteil (wenn nicht sogar alle)“ (sic!) der Leserbriefe „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ von Martin BALLUCH verfasst worden seien. Er gab aber zu keinem Zeitpunkt an, welche der 16 Leserbriefe den von ihm genannten „Großteil“ bildeten. Stolz erwiderte er aber im Nachhinein, dass selbst wenn nun ein Brief nicht von BALLUCH stamme, ja 15 von 16 noch immer „ein Großteil“ der Leserbriefe sei, er also immer schon Recht gehabt hätte.
Der Zeuge und Universitätsassistent Mag. Erwin LENGAUER erkannte unter den 16 Leserbriefen zweifellos jenen, den er selber verfasst hatte. Immerhin hatte er in dem Brief jene akademischen Werke referenziert, die er im Rahmen seiner Doktorarbeit bearbeitete.

Der zweite Text den SCHWEIGER „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ Martin BALLUCH zugeordnet hatte, war eine Halbseite aus dem ehemaligen Politmagazin TATBlatt aus dem Jahr 2000: SCHWEIGER ordnete die (redaktionelle) Überschrift, eine (redaktionelle) Unterschrift, zwei (redaktionelle) Zeilen „***TATBlatt-Originaltextservice***“, das (eigentlich nur zuzuordnende BekennerInnenschreiben), eine weitere (redaktionelle) Überschrift und einen redaktionellen Beitrag zur „Hintergrundinformation“ Martin BALLUCH zu.
Die zwei Zeugen aus der damaligen TATBlatt-Redaktion bestätigten, dass bis auf das Bekennerschreiben sämtliche Textbausteine rundherum von der Redaktion verfasst wurden. Martin BALLUCH war „sicher“ niemals TATBlatt-Redaktionsmitglied, bekanntermaßen von ihm stammende Texte wären (aufgrund politischer Differenzen) „niemals“ abgedruckt worden.
SCHWEIGER hatte allerdings die Mischung ¼ BekennerInnenschreiben unbekannter AutorInnen und ¾ redaktionelle Beiträge die definitiv nicht von BALLUCH stammten nichtsdestotrotz Martin BALLUCH zugeordnet.

Eigentlich müsste ein gerichtlich beauftragter linguistischer Gutachter schon aufgrund einer einzigen nachweislich falschen Zuordnung verworfen werden. Nicht so an der „Südfront“, dem Landesgericht Wiener Neustadt: Selbst nach zwei solcher nachweislich falschen Zuordnungen machte Richterin Sonja ARLETH keine Anstalten den Sachverständigen Wolfgang SCHWEIGER zu entheben und einen neuen Gutachter zu bestellen.

Augenscheinlich soll um jeden Preis der Beigeschmack aufrecht erhalten bleiben, dass Martin BALLUCH BekennerInnenschreiben verfasst hätte.

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Tag 74 – Do., 24.02.2011:
Fortgesetzte Gutachtenserstattung des linguistischen Sachverständigen Dr. Wolfgang SCHWEIGER;
Abschließende Befragung eines

An diesem 74. Verhandlungstag sollte der linguistische Sachverständige Wolfgang SCHWEIGER noch mehr Gelegenheiten bekommen, sein falsches Gutachten weiter zu referieren. Wiederholt kam es zu wohlbegründetetn Anträgen auf Enthebung des Gutachters. Alle Anträge wurden zurückgewiesen (also abgelehnt).

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Tag 75 – Mo., 28.02.2011:
Fortsetzung der Erstattung des linguistischen Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. Wolfgang SCHWEIGER

Auch am 75. Verhandlungstag durfte der linguistische Sachverständige Wolfgang SCHWEIGER weiter zu seinem Gutachten ausführen. Immerhin waren allein diesem Gutachten schon ganze vier Verhandlungstage gewidmet!

Überhaupt schien Richterin Sonja ARLETH wieder auf ihren „Zeugenschutzmodes“ umgeschaltet zu haben.

Die Verteidigung konnte wenig bis keine Fragen stellen. Die Angeklagten kamen noch immer nicht zum Wort!

VerteidigerInnen und Angeklagte wurden von ARLETH wiederholt mit Disziplinarmaßnahmen bedroht.

Am Ende dieses Tages gab es wieder einen Antrag auf Enthebung des Sachverständigen, weil ihm zwar etliche Textversionen zur Analyse vorgelegt worden waren, er aber nicht angeben konnte, welche Version er tatsächlich analysiert und schlussendlich Martin BALLUCH zugeordnet hatte.

Auch an diesem Tag konnte SCHWEIGER die Fragen zu seinen Mängeln nicht beheben, sodass er erneut für 11. März 2011 geladen wurde.

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Tag 76 – Do., 03.03.2011:
Tierbefreiung = Tierquälerei 3.1:
Fortgesetzte Befragung des veterinärmedizinischen Sachverständigen Prof. Josef TROXLER
Zuständige Amtstierärztin Dr. Doris RAGANICZ
Zuständiger Amtstierarzt Dr. Michael GNEISZT
Betroffener Schweinebauer Michael ARTNER

Am 76. Verhandlungstag war zum fünften Mal wieder Thema, ob bei einer Tierbefreiung freigelassene Mastschweine durch das Öffnen der Stalltüre Schmerzen und Leiden erlitten hätten.

Der ursprünglich geladene sachverständige Weinbauer, Konrad TSCHIDA, konnte kein nachvollziehbares Gutachten abgeben. Daraufhin wurde der österreichische „Papst der industriellen Schweinehaltung“ – Univ. Prof. Dr. Josef TROXLER – von der veterinärmedizinischen Universität Wien mit der Erstellung eines Gutachtens betraut.
Aufgrund der Schwierigkeit des Unterfangens Tierschutz- bzw. TierrechtsaktivistInnen das Vorsatzdelikt strafbarer Tierquälerei §222 StGB zu unterstellen, musste sich auch TROXLER bereits mehrere Tage der Erstattung seines Gutachtens und anschließender Befragung stellen.
In seiner Expertise kam auch er zu dem wenig nachvollziehbaren Schluss, dass in Kastenständen geborene, zu Dutzenden auf Vollspaltenboden gehaltene Schweine, im Fall ihrer Befreiung aus ihren Buchten Schmerzen und Leiden litten.

Die Grundthese des Gutachtens:

Durch das Öffnen der Buchten seien verschiedene Sozialgruppen vermengt worden, was zu Rangkämpfen geführt hätte, bei denen Hautabschürfungen entstanden seien. Wären die Tiere bis zu ihrem Transport in den Schlachthof in den Buchten eingesperrt geblieben, hätten sie unterm Strich weniger gelitten.

Am heutigen Verhandlungstag waren dazu neben dem veterinärmedizinischen Gutachter Prof. Josef TROXLER, die zuständigen AmtstierärztInnen RAGANICZ und GNEISZT, sowie der von der Tierbefreiung betroffene Schweinebauer Michael ARTNER als ZeugInnen geladen.

TROXLER kam heute allerdings so gut wie garnicht zu Wort.

Die Veterinärin Dr. Doris RAGANICZ war zuständige Amtstierärztin zum Zeitpunkt der inkriminierten Tierbefreiung im März 2008.
Das erstaunliche an ihrer Zeugenaussage war, dass sie aus den Medien sehr wohl von der Tierbefreiung im Betrieb ARTNER erfahren hatte, trotzdem aber nicht im geringsten den Verdacht einer Tierquälerei hegte und diese Medienberichte nicht zum Anlass für ein Nachfragen oder eine Kontrolle nahm.

Danach wurde der aktuell zuständige Amtstierarzt Dr. Michael GNEISZT zeugenschaftlich befragt.
Der Sachverständige TROXLER hatte sich bei seiner Befundaufnahme auf seinen Augenschein im Jahr 2010 gestützt und die Annahme zu Grunde gelegt, dass sich die Zustände 2008 und 2010 nicht verändert hätten.
Dies konnte der Zeuge aber nicht bestätigen, im Gegenteil: 2009 hätte er den Betrieb aufgrund eines Videofilmes der ‘Vier Pfoten’ kontrolliert und dabei fehlendes Beschäftigungsmaterial festgestellt. Tatsächlich hatte er auch damals – weit weg von jeder Tierbefreiung – verletzte Schweine wahrgenommen. Er gab an, dass sich die Zustände auf dem Videoband bei seinem Lokalaugenschein bestätigt hätten.

Schließlich wurde der Schweinebauer Michael ARTNER noch ein letztes Mal zeugenschaftlich befragt, nämlich, ob die Schweinefabrik auf dem Videomaterial der ‘Vier Pfoten’ seine Masthalle sei. Dies bejahte er eindeutig.

Auf dem Videomaterial konnte man die gleichen Verletzungen erkennen, die der Sachverstädige Prof. Josef TROXLER als Folgen der Tierbefreiung befundet hatte: Rote Striemen, Ohrverletzungen und Beinverletzungen die zu lahmenden Tieren führten.

Offensichtlich waren die Verletzungen die ARTNER und TROXLER auf die Tierbefreiung zurückzuführen versucht hatten in Wahrheit der alltäglich Normalzustand in ARTNERs Betrieb.

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Tag 77 – Do., 10.03.2011:
Überraschende wortwörtliche Verlesung von Aktenstücken

Eigentlich war für den 75. Verhandlungstag die fortgesetzte Gutachtenserstattung des Sachverständigen Prof. Josef TROXLER geplant. Dieser bemühte sich ja sichtlich die Befreiung von 400 Schweinen aus einer niederösterreichischen Tierfabrik als Tierquälerei zu qualifizieren.
Allerdings stimmte der erkrankte und verhandlungsunfähige Drittangeklagte Jürgen FAULMANN einer Befragung des Sachverständigen TROXLER in seiner Abwesenheit nicht zu, weshalb dieser vorerst für den 28.03.2011 nachgeladen wurde. Mittlerweile heisst es allerdings, dass TROXLER diesen Termin nicht halten wird können.

Jedenfalls nutzte die Richterin diesen Tag für wortwörtliche Verlesungen.

Der linguistische sach(un?)verständige Gutachter Dr. Wolfgang SCHWEIGER hatte ja etliche Textstücke dem Erstangeklagten Martin BALLUCH zugeordnet. Darunter Leserbriefe, eine juristische Stellungnahme und alle BekennerInnenschreiben, die SCHWEIGER vorgelegt worden waren.

Aus unerfindlichen Gründen war die Richterin aber der Überzeugung die entsprechenden Originaltexte per wortwörtlicher(!) Verlesung in den HV-Akt einzubringen.

Somit wurde der ganze Verhandlungstag – übrigens erstmalig bis 21:00 Uhr! – mit der wortwörtlichen Verlesung jener Texte verbracht, die der Sachverständige SCHWEIGER zur Befundung für sein Gutachten herangezogen hatte.

Bei dieser Gelegenheit traten gezählte 178 Übertragungsfehler zu Tage, die entweder die Polizei bei der Übertragung der Originaltexte in den Akt oder SCHWEIGER selbst bei der Übertragung in sein Gutachten gemacht hatte.

Etliche solcher Fehler hatte SCHWEIGER aber als „charakteristisch für Martin BALLUCH“ bezeichnet, z.B. dass sich Fehler am Ende eines Textes häuften. In Wahrheit aber war es SCHWEIGER selbst, der genau diesen Fehler bei seiner Übertragung eines fehlerfreien Originaltextes in sein Gutachten machte.

 

 

Tag 78 – Fr., 11.03.2011:

Der fünfte(!) Auftritt des sach(un?)verständigen linguistischen Gutachters Dr. Wolfgang SCHWEIGER;
2. Befangenheitsantrag gegen Richterin Sonja ARLETH

Nach der wortwörtlichen Abgleichung der Originaltexte und der entsprechenden Texte im Gutachten wurde zum vierten Mal der Hobbylinguist Dr. Wolfgang SCHWEIGER in die Hauptverhandlung geladen um die Erstattung seines Gutachtens endlich abzuschließen und sich den zahllosen Fragen zu stellen.

Tatsächlich glich die Richterin Sonja ARLETH auch mit SCHWEIGER alle einzelnen Übertragungsfehler in seinem Gutachten Wort für Wort ab, was schon einmal den ganzen Vormittag kostete.

Nach der Mittagspause machte Rechtsanwalt Mag. Stefan TRAXLER die Richterin Sonja ARLETH darauf aufmerksam, dass es im Gutachten des Sachverständigen Wolfgang SCHWEIGER noch vier weitere BekennerInnenbriefe gebe, die noch nicht mit ihren Originalen verglichen worden seien. Die Richterin fuhr Mag. TRAXLER daraufhin an, dass er sie nicht unterbrechen solle.
Unmittelbar danach sagte der Staatsanwalt Wolfgang HANDLER ohne am Wort zu sein exakt dasselbe, aber ARLETH reagierte freundlich und begann sofort damit die vier weiteren Texte auf Übertragungsfehler zu vergleichen.

Daraufhin platzte mir wieder einmal der Kragen:
Diese für jedermann offensichtliche Ungleichbehandlung exakt identischer Anträge der Verteidiung gegenüber Anträgen der Anklagebehörde führte ich sogleich als ersten Punkt meines zweiten Befangenheitsantrags gegen Richterin Sonja ARLETH an. Als Hinweise die m.E. einen Ausschluß der Richterin Sonja ARLETH wegen erheblicher Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit gem. § 43 (1) Z3 StPO erforderten, führte ich begründend an:

  1. Der Antrag der Verteidigung, die nicht verlesenen BekennerInnenschreiben im Gutachten zu verlesen wird abgelehnt, während demselben wortidenten Antrag der Anklagebehörde fünf Minuten später sofort stattgegeben wurde.
    Ein deutlicher Hinweis auf eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte, je nachdem ob sie zum Vorteil der Anklage oder Verteidigung vorgebracht werden.
  2. Meine Frage an die ersten beiden Entlastungszeugen (TATblatt-Redaktion) ob sie sich bei der Befragung durch das Gericht wie Angeklagte vorkämen, wurde nicht zugelassen, obwohl die Richterin dieselbe wortidente Frage vielfach an BelastungszeugInnen gestellt hatte.
    Wieder ein unverkennbares Indiz für eine Ungleichbehandlung derselben Sachverhalte ja nachdem ob sie von der Anklage oder Verteidigung artikuliert werden.
  3. Während das sachlich-objektive Privatgutachten des linguistischen Sachverständigen Dr. Raimund DROMMEL von der Richterin nicht zum Akt genommen wurde, verlas ARLETH voller Hohn und Stolz ein Privatemail DROMMELs an SCHWEIGER, aus dem sie zu erkennen glaubte, dass DROMMEL SCHWEIGER in Wahrheit für einen guten Linguisten halte.
    Ein weiterer Hinweis, dass ARLETH jedes Staubkorn eines mutmaßlich belastenden Hinweises in das Verfahren einfließen zu lassen versucht, während sie renitent objektiv-wissenschaftliche Arbeiten renitent ignoriert.

Wie üblich wurde der Befangenheitsantrag von der befangenen Richterin selbst gründlichst geprüft, und – welch Überraschung – nach wenigen Sekunden abgewiesen…

Insgesamt trug das Gericht dem Sach(un)verständigen SCHWEIGER die gezählten 178 Übertragungsfehler zwischen den tatsächlich zu befundenden und den im Gutachten angeführten Texten vor.
Danach wurde er aufgefordert dazu Stellung zu nehmen.

Zur Erklärung wie es ausgerechnet einem Linguisten passieren konnte, mehr Übertragungsfehler zu machen, als sich ursprünglich Grammatikfehler im Text befanden, führte er Fehler seines Scanners, der Texterkennungssoftware und seiner automatische Rechtschreibkontrolle an.
Allerdings gab SCHWEIGER an, nicht den Befund in seinem Gutachten analysiert zu haben, sondern in jedem Fall immer die Originaltexte, die ihm von der SOKO vorgelegt worden waren.

Doch diese Behauptung konnte nicht stimmen, dann tatsächlich hatte SCHWEIGER etliche von ihm fabrizierte Fehler dem Erstangeklagten Martin BALLUCH zugeordnet:
Ein Beispiel: Während Martin BALLUCH in einem (authentischen) Referenztext (Denunziationsreader) wiederholt das Wort „Denunziationsklima“ verwendete, tippte SCHWEIGER beim Abschreiben der Originalquellen bei einer dieser Wiederholungen „Denunzierungsklima“ statt „Denunziationsklima“, um sofort danach diese Auffälligkeit (seinen eigenen Fehler) als „Wortneuschöpfung“ Martin BALLUCHs zu „identifizieren“!

 

 

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